WBH-Absolvent gelingt neuartige Produktentwicklung
Richard Pokorny ist ehemaliger Leistungssportler und hat im März 2023 an der WBH erfolgreich sein Bachelor-Studium in „Kunststofftechnik“ im Fachbereich Energie-, Umwelt- und Verfahrenstechnik (EUV) abgeschlossen.
Im Rahmen seiner Abschlussarbeit beschäftigte er sich mit dem Thema „Entwicklung und Konstruktion einer Anbindung eines Auslegers an ein Auslegerkanu für den Paralympischen Kanurennsport“. Ein Thema, das er sich im Anschluss an sein Studium bei seiner beruflichen Tätigkeit als Konstrukteur im Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) zum Projekt gemacht und 1:1 in die Realität umgesetzt hat. Das Ergebnis ist ein Boot, das für den paralympischen Spitzensport und dabei ausschließlich für deutsche Parasportler:innen entwickelt wurde. Zwischenzeitlich wurde das Ausleger-Kanu im Rahmen der ICF Canoe & Paracanoe Worldchampionships durch ein internationales Gremium beurteilt und zugelassen.
Voraussichtlich im kommenden Jahr wird es bei den Paralympischen Spielen in Paris das erste Mal zum Wettkampf-Einsatz kommen.
Wir haben mit Richard Pokorny über seinen Weg, sein Studium und seine Erfindung gesprochen:
Herr Pokorny, Sie haben im März 2023 erfolgreich Ihr Studium abgeschlossen. Warum haben Sie sich für den Bachelor-Studiengang „Kunststofftechnik (B. Eng.)“ an der WBH entschieden?
Für die Beantwortung dieser Frage muss ich etwas ausholen. Ich habe mit sieben Jahren mit dem Kanusport angefangen und diesen Sport viele Jahrzehnte, unter anderem in der Nationalmannschaft, bis heute betrieben. Bei diesem Sport steht gutes Material an erster Stelle. Über die vielen Jahre der Werkstoffentwicklung ist man vor geraumer Zeit schließlich beim kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff angekommen. Nach dem Abitur an der Sportschule und der anschließenden Lehre zum Bootsbauer stand für mich fest, dass ich mich noch intensiver mit dem Werkstoff „Kunststoff“ auseinandersetzen möchte, um meine Expertise auf diesem Gebiet weiterzuentwickeln. Für mich war klar, dass nur eine Weiterbildung infrage kommt, die sich gut mit meinem Vollzeitjob beim Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten vereinbaren lässt. Hier war die WBH für mich der erste Anlaufpunkt. Die Übersicht des Studiengangs und der Einstieg ins Studium waren so gut beschrieben, dass ich nicht lange gezögert und die WBH als Hochschule gewählt habe. Heute kann ich mit dem erworbenen Wissen vollumfänglich im Bereich der technologischen Entwicklung Sportgeräte für den deutschen Spitzensport liefern und hoffentlich zu goldenem Glanz verhelfen.
Eine Frage, die sich Studieninteressierte immer wieder stellen: „Schaffe ich das Studium neben meiner beruflichen Tätigkeit?“. Was hat Ihnen geholfen sich tagtäglich neu für das Studium zu motivieren?
Natürlich ist das eine der zentralsten Fragen, bevor man sich für ein Fernstudium entscheidet. Und ja, man schüttelt es nicht einfach aus dem Ärmel. Doch die Entscheidung, sich neben dem Job noch weiterzubilden, ist auch eine Entscheidung fürs Leben. Neben der Möglichkeit, sich finanziell zu verbessern, sind natürlich auch die bereits beschriebene gesteigerte Expertise und das eigene Ansehen wichtige Faktoren, das Studium stetig voranzutreiben. Was die Motivation im Speziellen betrifft, waren meine Familie und hier an erster Stelle meine Frau und meine Kinder die treibenden Kräfte. Die tägliche Motivation und das Rückenfreihalten meiner Frau waren Grund genug, immer wieder das Studienheft in die Hand zu nehmen.
Sie haben ein Ausleger-Kanu entwickelt, das im nächsten Jahr möglicherweise die Sieger der Paralympics 2024 über die Ziellinie tragen wird. Was kann man sich genau darunter vorstellen, und inwieweit hat das Studium die Grundlage für Ihre Entwicklung geschaffen?
Das Ausleger-Kanu (polynesisch: Va'a) ist im Ursprung ein Boot, das im polynesischen Raum vor Tausenden Jahren als Handelsboot zwischen den Inseln verwendet wurde. Durch den seitlichen Ausleger ist das Boot kippstabil und ermöglicht so eine sichere Fahrt, egal ob schwer beladen oder bei großen Wellen. Aus diesem Grund wurde mit der Einführung des Kanusports bei den Paralympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro, Brasilien, diese Bootsklasse für Sportler:innen mit Einschränkungen abwärts der Hüfte eingeführt, um ihnen auch eine Möglichkeit des Leistungssports auf paralympischem Niveau zu bieten. Da ich mit der Aufgabe betraut wurde, ein komplett neues Boot zu entwickeln, war mir schnell klar, dass ich Rahmen meiner Bachelorarbeit ein Teilprojekt dieses Bootes genauer unter die Lupe nehmen möchte. Aufgrund meines erlangten Fachwissens in den Bereichen „Kohlenstofffaser“ und „Klebstoffe“, habe ich eine ganz neue Art der Anbindung des Auslegers an das Boot konzipieren und umsetzen können. Und ohne jetzt – aufgrund von Geheimhaltung – ins Detail gehen zu können, kann ich Stand heute sagen, dass unsere Topsportlerin das Boot mit den Neuentwicklungen aktuell erfolgreich und zufriedenstellend testet.
Wir gratulieren Richard Pokorny herzlich zu dieser tollen Produktentwicklung und drücken die Daumen, dass das Ausleger-Kanu die deutschen Parasportler:innen 2024 zum Sieg führt!